Lesenswerte Bücher

Started by AribertDeckers, July 04, 2024, 08:01:21 PM

AribertDeckers

Lesenswerte Bücher

"Die Zunft" von Siegfried Bär

Siegfried Bär ist ein Pseudonym von Hubert Rehm, einem der Gründer des "Laborjournal", das inzwischen 30 Jahre alt ist. Ich kenne das "Laborjournal" seit einem der allerersten Hefte und bin ein begeisterter Leser. "Außer dem Laborjournal" sind dort auch Bücher veröffentlicht worden, so

"Der Untergang des Hauses Rascher"
https://www.allaxys.com/~kanzlerzwo/index.php?topic=7183

und

"Die Zunft"

Beide Bücher sind nicht mehr lieferbar, antiquarisch werden sie teuer gehandelt. Meine Bitte an den Verlag nach einer Neuauflage wurde leider nicht erfüllt.

Wer an einer Universität ist oder mit der Akademia zu tun hat, er sollte das Buch lesen. Vielleicht gibt es hier oder dort noch ein Bibliotheksexemplar.






AribertDeckers

#1
Lesenswerte Bücher

"Albtraum Wissenschaft" von Anne-Christine Schmidt


Wissenschaftler sind ehrwürdige, liebenswerte, ehrliche Menschen. Manche ja, die meisten allerdings nicht. In meiner Zeit an der Universität habe ich das deutlich gesehen und miterlebt.

Heute sind ganze Bereiche der Universitäten ideologische Brutstätten sonderlicher Wahne, nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern. Der Ruf der Wissenschaft ist zerborsten, das Ansehen ist angeschlagen, vieles schlichtweg ruiniert.

Innen war vieles nicht so wie man außen dachte, aber das erfuhr man nicht. Innen, das war und ist eine eigene Welt. In den Schwafelfächern, euphemistisch "Geisteswissenschaften" genannt, war oft und viel der Wurm drin. Doch auch naturwissenschaftliche Gebiete sind vom Zahn der Zeitlichen nicht verschont geblieben.

Das Buch "Albtraum Wissenschaft" von Anne-Christine Schmidt ist ein Bericht, teilweise trocken, teilweise mit schwarzem Humor, aus der Biologie, bzw dem, was sie in der Universität erlebte.

Das Buch ist 2023 vom Textem-Verlag veröffentlicht worden, wofür man dem Verlag danken muß, denn einen Verlag zu finden, der ein Buch auch druckt, ist nicht selbstverständlich, und das hat nichts mit der Qualität eines Manuskripts zu tun, sondern mit der Energie, mit der ein Verlag sich für seine Autoren einsetzt, und warum er das tut. Meine eigenen Erfahrungen mit Verlagen sind, höflich gesagt, nicht die besten, weshalb ich selber produziert habe. Die Frage ist, was man mit einem Buch erreichen will.

"Albtraum Wissenschaft" ist eine Kritik.

"Kritik kann man nicht beherrschen, man muß sie immer wieder üben." Dieser Satz stammt leider nicht von mir. Ich habe ihn vor 40, 50 oder 60 Jahren irgendwann einmal gehört, wahrscheinlich in einem politischen Kabarett. Kritik muß man üben. Immer wieder. Je nach Situation pfeilspitz, oder grundbieder, oder trocken, oder knochentrocken und rabenschwarz. Das hängt vor allem davon ab, wie man selbst dasteht, ob man das Opfer von Intrigen wurde oder ob man ein neugieriger Beobachter ist, der nach Lust und Laune auch mal herumalbern oder tonnenschwere Thor-Hämmer in die Landschaft werfen kann und darf. Die eigene Situation, das ist es.

Anne-Christine Schmidt ist kein Außenstehender, sondern sie beschreibt, was ihr in den Jahren an der Universität widerfahren ist: Intrigen, böse Pannen, und noch bösere Pannen, und noch bösere Intrigen, Dinge, die an einer Universität nicht sein sollten, und die sich dann auch noch immer stärker auftürmen, bis man einfach genug davon hat und die Universität verläßt.

Ich werde die Dinge hier nicht beschreiben, nein, das Buch sollte Jeder selbst lesen. Und, ja, man MUSS es lesen um zu sehen, WAS an einer Universität geschehen kann.

"Kritik kann man nicht beherrschen, man muß sie immer wieder üben." Als Aphoristiker sehe ich die Welt in dieser Hinsicht mit anderen Augen als ein Jurist oder ein Chemiker, ein Physiker, ein Mathematiker, oder, eben, ein Biologe. Oder ein Ingenieur.

Als Aphoristiker kann ich sagen, daß ich vieles in dem Buch anders geschrieben hätte, und als Ingenieur noch einmal anders. Aus juristischer Sicht wäre es dann noch einmal ganz anders.

Das Sein bestimmt das Schreiben, denn was ein Aphoristiker mit dem Florett in Sekunden dahinhuscht, dafür braucht ein grundsolider Jurist Wochen oder Monate. Und das mit Recht! Ein Aphoristiker kann für sich in Anspruch nehmen, ein Aphoristiker zu sein, ein Jurist oder ein Biologe haben es damit schwerer. Wenn sie dann auch noch Opfer eines mächtigen Systems sind, muß man jedes Wort auf die Goldwaage lesen. Um es mit Götz von Berlichingen zu sagen: "Es wird einem sauer gemacht, das bißchen Leben und Freiheit."

Was bleibt? Die Unterwerfung unter das System. Oder der Ausstieg.

Warum? Das steht im Buch. Und das, das muß man lesen, wenn man mit der Akademia zu tun hat.

Dieses Buch ist kein Roman. Es ist eine Abrechnung.